LEBEN UND WERKPORTRAITS

Käthe Dassler (1917 - 1984)

Katharina Martz, Tochter eines renommierten Schuhleistenherstellers, lernt Adi Dassler 1932 in Pirmasens kennen, wo er eine Ausbildung an der Schuhfachschule absolviert. Zwei Jahre später heiraten sie. »Käthe« ist nicht nur Adis große Liebe, sondern auch ein idealer Teamplayer. Als starke junge Frau hält sie ihrem Mann den Rücken frei und Adi kann sich ganz auf die Entwicklung, das Testen und die Fabrikation seiner Sportschuhe konzentrieren.

Käthes Gegenwart wird in Herzogenaurach nicht von allen Verwandten geschätzt. Vor allem Adis Bruder Rudolf ist der Einfluss, den sie auf Adi nimmt, nicht unbedingt willkommen. In diesen schwierigen Anfangszeiten, in der Käthe ihren Adi nicht nur in der Firma unterstützt, sondern beide auch eine Familie gründen, zieht Käthes Schwester Marianne nach Herzogenaurach. Sie hilft Käthe wo immer sie kann und kümmert sich bald auch mit um die Kinder, denn die Familie wächst.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der offiziellen Trennung der Brüder gründet Adi Dassler sein eigenes Unternehmen – es ist die Geburtsstunde von adidas. Käthe übernimmt mehr und mehr Verantwortung im Unternehmen, gleichzeitig kümmert sie sich um die Kinder und vermittelt ihnen die gleichen Werte, die sie selbst durchs Leben geleitet haben. Mutsch, wie sie in der Familie genannt wird, lehrt sie, Disziplin mit Güte und harte Arbeit mit Freundlichkeit zu vereinen. Größten Wert legt sie dabei auf Ehrlichkeit. In der Firma ist Käthe diejenige, die mit viel Feingefühl Kundenbeziehungen pflegt und dabei noch diverse Geschäftsaufgaben erledigt, damit Adi seinen technischen Neuentwicklungen nachgehen kann. Gemeinsam leiten sie ihre Kinder an, einmal wichtige Rollen in der Firma übernehmen zu können.

Käthe legt aber nicht nur unternehmerische Stärken an den Tag, sie ist eine elegante Frau mit einer angeborenen Fähigkeit, Menschen zu verstehen und mit ihnen umzugehen. Mit Empathie erfüllt sie die Rolle der Firmenbotschafterin, die zahlreiche freundschaftliche Kundenbeziehungen entstehen lässt. In ihren privaten vier Wänden bewirten Käthe und Adi über Jahre und Jahrzehnte zahllose Geschäftspartner. Star-Athleten, Politiker und Berühmtheiten zählen zu den ständigen Gästen am Dassler´schen Familientisch. Menschen aus der ganzen Welt wissen ihre Herzlichkeit und Freundschaft zu schätzen. Wenngleich sie ständig Kontakt mit den Größen aus Sport, Gesellschaft und Politik pflegt, verliert sie dennoch nie ihr bescheidenes Auftreten. Unter den Firmenangestellten genießt sie große Beliebtheit. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen daher ein Leben lang loyal zum Familienbetrieb. Käthes menschliche Art bei gleichzeitig innerer Stärke, bringt ihr viel Respekt von jenen ein, die sie unterstützt. Konkurrenten, die ihr unliebsam in die Quere kommen oder Menschen, die ihrer Familie zu nahetreten, vermag sie einzuschüchtern.

Nach dem Tod ihres Mannes 1978 übernimmt sie die Leitung des Unternehmens. Wie Adi hält sie eine strikte Arbeitsethik ein. Freizeit- oder Ferienreisen unternimmt sie kaum. Als Repräsentantin von adidas reist sie um die ganze Welt, oft in Begleitung ihrer Kinder. 1982 wird ihr das Deutsche Bundesverdienstkreuz für ihre Lebensleistung und ihre gesellschaftlichen Verdienste verliehen. Käthe stirbt 1984 im Alter von nur 67 Jahren an einem Herzleiden.

Käthe Dassler war eine außergewöhnliche Frau und so überrascht es nicht, dass Personen, die die innere Dynamik der Familie kannten, den kometenhaften Aufstieg ihres Mannes und des Unternehmens, das er gegründet hatte, zu einem wesentlichen Teil auch ihr zuschreiben. Gemeinsam haben Adi und Käthe ein bleibendes Vermächtnis hinterlassen.

Käthe Dassler Privat

Adolf Dassler (1900 - 1978)

Adolf Dassler wird im Jahre 1900 in Herzogenaurach in bescheidene Familienverhältnisse hineingeboren. Die Eltern müssen vier Geschwister ernähren. Der Vater arbeitet in einer Schuhfabrik, die Mutter betreibt eine kleine Wäscherei. Als Adi auf Wunsch des Vaters eine Bäckerlehre beginnt, wird der Alltag in Herzogenaurach von der Weltwirtschaftskrise geschüttelt und bald von einem ersten Weltkrieg heimgesucht. Zwei Jahrzehnte später dann, als Adi schon ein gestandener Mann ist, muss Deutschland politischen Extremismus und einen zweiten Weltkrieg überstehen. Dass Adi es trotz dieser widrigen Umstände schafft, in einem völlig neuen Geschäftsbereich den Grundstein für ein Unternehmen zu legen und darauf ein Weltunternehmen aufzubauen, zeugt von seinem unbändigen Willen, von seiner Kreativität und seinem großen Ehrgeiz. In den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges steigt Adi Dassler zu einem sehr einflussreichen Unternehmer auf, dessen Beitrag zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands 1968 mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse gewürdigt wird.

Adis Leidenschaft für den Sport und sein Wille, immer neueres und besseres Sportschuhwerk zu erdenken und zu entwickeln, spricht sich im Laufe der Jahre weltweit herum. Neben Leidenschaft verfügt er jedoch über Eigenschaften, die den meisten wohl weniger geläufig sein dürften, die aber dennoch wesentlich zu seinem Erfolg beigetragen haben. Allem voran ist seine Bescheidenheit zu nennen. Obwohl er mit den besten Sportlern seiner Zeit befreundet ist und sich Größen aus Show-Business, Wirtschaft und Politik gerne mit ihm sehen lassen, bleibt »Bossi«, wie er von seiner Frau Käthe und seinen Kindern gerne genannt wird, Zeit seines Lebens ein liebevoller, zurückhaltender Mensch, dem die Familie viel mehr bedeutet als das Rampenlicht. So pflegt er offizielle Anlässe regelmäßig als einer der Ersten zu verlassen.

Seine Familie kann ihn oft bei seinen abendlichen Spaziergängen durch den Garten beobachten, die er mit seinem Hund Wastl unternimmt. Dieser Garten hat für Adi eine große Bedeutung, denn er ist am liebsten draußen in der Natur. Stundenlang kann er dort und in den benachbarten Wäldern die Vögel beobachten. Als begeisterter Tennisspieler lässt er in seinem Garten einen Tennisplatz anlegen, der im Winter zur Eisbahn umfunktioniert wird. Der Garten ist für ihn ein Ort, in dem er mit Familie und Gästen seinen Aktivitäten nachgehen und zusammen sein kann. Auch später, mit über siebzig, nimmt er jede Gelegenheit wahr, mit seinen Kindern, Enkeln oder Freunden in diesem Garten ein Match zu spielen oder im Winter dem Eisstockschießen zu frönen.

Seine Wegbegleiter beschreiben Adi als eine zeitlose Persönlichkeit, die bemüht ist, Traditionen und traditionelles Handwerk zu bewahren und dabei trotzdem kreativ denkt und innovativ handelt. Als begnadeter Tüftler und rastloser Beobachter hat Adi Tag und Nacht einen Notizblock zur Hand, um seine Gedanken und Ideen niederschreiben zu können. Auch ist er als geschätzter und respektvoller Arbeitgeber bekannt, der seinen Mitarbeitern viel Freiraum lässt. Aber er ist ebenso gefürchtet, denn jeder Mitarbeiter weiß, dass er im Hinblick auf die Qualität seiner Produkte kein Pardon kennt. Er ist ein Perfektionist, der von jedem einzelnen Mitarbeitenden dieselbe Einstellung verlangt. Wer seinen Anforderungen nicht genügen kann oder will, muss das Unternehmen verlassen.

Obwohl Adi Dassler ein sehr erfolgreicher Unternehmer ist, einer, der andere stets fordert, bleibt er sich selber treu, bleibt nahbar, selbstkritisch und legt dabei einen entwaffnenden Humor an den Tag. Wenn er auf seine bei einem Arbeitsunfall verlorene Fingerkuppe angesprochen wird, pflegt er zu sagen: „Ein Unfall beim Nasenbohren.“ Und als er einmal im Lift seines Unternehmens – wie so oft leger bekleidet – gefragt wird, wie man das Büro des Chefs finden könnte, antwortet er: „Keine Ahnung, ich bin hier nur der Gärtner.“

Trotz seines phänomenalen Erfolges bleibt dieser Gigant der Sportindustrie mit beiden Beinen auf dem Boden. Am wohlsten fühlt er sich im Kreise seiner Familie. Fest verbunden bleibt er auch mit seiner Geburtsstadt Herzogenaurach, in der er sein ganzes, faszinierendes Leben verbringt. Dort stirbt er mit 78 Jahren.

Adi Dassler am Tennis spielen